#11

ich weis ganz genau wie es morgen ablaufen wird,
ich werde in die klasse kommen, der lehrer wird mich vorstellen
vermutlich werden mich alle mit diesem ''nicht schon wieder sone seltsame neue'' blick anschauen
vermutlich werden mich auch einige auslachen, weil ich so unglaublich hässlich bin 
vielleicht aber auch weil ich einfach nicht zu ihnen passe, weil ich nicht in ihrer liga spiele
weil ich nunmal einen anderen humor habe und einfach anders bin
soviele leute wünschen sich anders zusein, ich wünsche mir einfach nur
normal zusein, wie alle anderen, ein normales leben zuführen mit freunden die einen mögen
mit einer familie die hinter einem steht und einem leben das einen nicht jeden morgen
wenn man aufwacht ankotzt und einen zum verzweifeln bringt
ich werde mit fragen durchlöchert, aber das wird mir nichts ausmachen
ich werde optimistisch bleiben und froh sein das wenigstens ein paar leute mit mir reden werden.
dann wird die pause kommen, und spätestens jetzt werde ich alleine sein
ich werde drüber nachdenken wie nutzlos mein leben doch ist, wie nutzlos ich selber doch bin
wie ich mir selber immer wieder alles versaue, wie ich selber immer an allem schuld bin
ich geb mir drei tage, danach werd ich vermutlich schwänzen, joa

#10

wir sitzen am esstisch, wie jeden morgen. meine mutter ist sauer auf meinen vater da es uns geldmäßig momentan nicht so gut geht. er hat mal wieder geld nur für sein bier und seine zigaretten ausgegeben. ''sagmal wenn du immer so schnell ausrastest, such dir'n hobby wo du dich abreagieren kannst, z.B boxen!'' sagt mein vater zu meiner mutter. für diesen satz gehört ihm eine ins gesicht geknallt, aber ich lasse es, ich habe keine lust auf streit. er fängt an zulachen, meine mutter ist sichtlich gereizt und ich sitze einfach nur so am tisch, ich spüre den druck, am liebsten würde ich ins bad rennen und es wie damals immer tun, mich schneiden oder meinen kopf oder andere körperteile gegen die wand hämmern um dieses wunderschöne kribbeln zuspüren. aber ich möchte nicht das meine mutter irgendwas davon erfährt bzw. mitbekommt, deswegen lasse ich es und versuche stark zusein. ich kralle meine fingernägel in den stuhlbezug und atme tief ein. meine eltern streiten sich vor meiner nase, fangen an zu schreien und sich dinge an den kopf zuwerfen. ich halte es hier nichtmehr aus. müsst ihr es immer wieder vor mir machen? soll ich dabei noch klatschen oder was wollt ihr? wollt ihr mich nochmehr leiden sehen? weil kinder es ja lieben ihre eltern streiten zusehen, tag für tag. aufeinmal werden beide leiser, sie schweigen sich an, reden nur noch mit mir, ob ich etwas kaffee möchte oder ob ich gut geschlafen hätte. ich nicke nur, weil ich so verdammt erschöpft davon bin immer wieder die gleichen szenen durchzuspielen, aufwachen, streit, trauer, druck. es läuft jeden tag so ab. ist es falsch, dem druck einfach mal ein einziges mal nachzugeben? schließlich stürzt jeder noch so starke kämpfer einmal.